Autorin: Anna Bütikofer, Leiterin Koordinationsbereich Obligatorische Schule, Kultur & Sport
Funktionieren Statements wie die «Erklärung zur Prävention und Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus an Schulen» auf interkantonaler Ebene? Anna Bütikofer geht dieser Frage nach.
Unlängst hat die EDK die «Erklärung zur Prävention und Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus an Schulen» verabschiedet. Funktionieren Statements dieser Art auf interkantonaler Ebene? Und: Was kommt davon in den Schulen an?
Gleich vorneweg: Sie bewirkt viel, die «Erklärung zur Prävention und Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus an Schulen». Zuallererst bestärkt sie die Schulleitungen, die Lehrpersonen und das gesamte Personal in den Schulen in ihren alltäglichen Präventionsbemühungen, die bereits geleistet werden. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die EDK sich schon vor mehr als dreissig Jahren gegen Rassismus in Schulen ausgesprochen hat. Der jüngste Ausbruch des Nahostkonflikts am 7. Oktober 2023 sowie die weltweite Herausforderung, die Menschenrechte zu respektieren und das Zusammenleben mit Menschen aus anderen Ländern und Kulturen in der Schweiz zu gestalten, bildeten den Anlass für die aktuelle Erklärung. Diese stellt zugleich eine Weiterentwicklung und Aktualisierung der Haltung von 1991 dar, die im Rahmen des Beitrittsverfahrens der Schweiz zum internationalen Abkommen «zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung» erarbeitet wurde. Die damaligen Leitsätze sind in die Entwicklung der sprachregionalen Lehrpläne, in die Erarbeitung von Lehrmaterialien in drei Landessprachen, in die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen sowie in zahlreiche Projekte und Massnahmen der Kantone eingeflossen.
Der Prozess der Aktualisierung hat gezeigt, dass sich zwischenzeitlich auch die Sichtweisen auf das Phänomen und die Formen des Rassismus verändert haben.
Rassismus ist keine Randerscheinung von Individuen oder Gruppen mit rassistischem Gedankengut. Sondern: Rassismus zeigt sich in Werten oder Handlungen im Alltag und er prägt aufgrund der Geschichte unsere Gesellschaft und Institutionen. Dies geschieht in Form von Ausgrenzung und Benachteiligung von Menschen mit zugeschriebenen oder vorhandenen Merkmalen. Die Schule ist als Lernort und als zentraler Lebensmittelpunkt von Kindern und Jugendlichen auch betroffen. Sie trägt damit eine zentrale Verantwortung. Die Schule ist aber weder die Quelle des Phänomens noch deren Auflösung – dies selbst dann nicht, wenn frühzeitig präventiv oder bei Vorfällen aktiv reagiert wird.
In diesem Sinne ist mit der Erklärung die Absicht verbunden, ein Zeichen gegen Rassismus und Antisemitismus zu setzen und eine respektvolle und tolerante Schulkultur für alle zu fördern. Das Zeichen beinhaltet erstens eine proaktiv und reaktiv gelebte Nulltoleranz im Schulalltag, zweitens ein Schulprofil der Offenheit und des Respekts in allen Aktivitäten und Bereichen des Schulalltags und drittens die pädagogische Aufbereitung von Rassismus und Antisemitismus im Unterricht.
Die Kantone, die Institutionen der Lehrpersonenausbildung und die Schulen selbst entwickeln laufend Massnahmen und Projekte zur Prävention oder Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus. Als Beispiele genannt seien hier das Netzwerk rassismuskritische Schulen, die Wanderausstellung «Wir und die Andern. Vom Vorurteil zum Rassismus» oder die Materialien für den «Holocaust-Gedenktag» am 27. Januar. Zudem existieren zahlreiche Wahlmodule oder Weiterbildungen an Pädagogischen Hochschulen mit engem Bezug zur Thematik oder entsprechende Leitbilder und direkte Anlaufstellen an den Schulen selbst. Der ergänzende Bericht zur Erklärung bietet ein Schlaglicht auf das aktuell bestehende breite Spektrum an guten Massnahmen und Praxen.
Zurück zur Frage wie das funktionieren kann. Entscheidend ist die Vorgehensweise, wie Erklärung und Bericht erarbeitet worden sind. Durch das wechselseitige Zusammenspiel der Ebenen und Akteure im Bildungswesen – darunter die kantonalen Behörden, die Pädagogischen Hochschulen, die betroffenen Fachagenturen der EDK, der Lehrpersonen- und Schulleitungsverband – und unter Einbezug der Expertise aus Fachstellen wurde zusammen mit den Fachkonferenzen in unserem Netzwerk eine breite Akzeptanz der Erklärung geschaffen. Die Wirkung wird sich durch das gemeinsame Verständnis und die weiteren Aktivitäten noch vertiefen und der Erklärung zur vollen Entfaltung ihrer Kraft verhelfen.